Zeit ist stets knapp: Hat sich der Kunde entschieden, dann möchte er das Projektergebnis am besten sofort! Bereits im Planungsprozeß wird oft so knapp wie möglich geplant und Realisten werden schnell zu Bedenkenträgern gestempelt. Das Projekt beginnt realistisch betrachtet bereits mit „Rot“. Was tun? Die größen zeitlichen Reserven bietet das Vermeiden von Änderungsanforderungen durch systematischeren Umgang mit den Anforderungen von Beginn an.
Zeitdruck als Prinzip
Zeit ist ein rares Gut und im Gegensatz zu Geld nicht inflationär vermehrbar. In IT-Projekten ist sie besonders knapp, denn oft werden diese schon sehr eng geplant. Der Druck kommt von der Kundenseite: Hat sich dieser einmal entschieden, den „Business Case“ umzusetzen, so soll es schließlich schnell gehen. Man kennt den Nutzen und möchte diesen am besten sofort. Oft hängen auf Kundenseite Tantiemen am Wirksamwerden der erhofften Einsparungen – und spätestens da hört der Spaß dann auf!
Dies hat Folgen: Bereits während der Planung auf Kundenseite ist der Zeitdruck beträchtlich. Sämtliche Aktivitäten werden hinterfragt – und eine anfänglich realistische Zeitschätzung wird nach dem dritten Hinterfragen von den Schätzern oft selbst zu optimistischeren Werten hin korrigiert. Die Ausschreibung ist entsprechend sportlich. Dasselbe passiert dann noch einmal auf seiten des Lieferanten. Schließlich möchte man ja die Ausschreibung gewinnen.
Es wird parallelisiert, wo es nur geht. Alle Möglichkeiten, das Vorhaben so schnell wie möglich umzusetzen, werden ausgeschöpft. Was passiert dabei? Alle potentiellen Reserven verschwinden auf diese Weise mit Sicherheit. Mehr noch: Die zu schätzenden Inhalte, beschrieben durch Anforderungen, werden wegen des Zeitdrucks nicht genau genug definiert und die Schätzer schätzen die ungenauen Anforderungen viel zu optimistisch. Alle sind sich unausgesprochen einig: Die Kundenseite möchte die Ersparnis so schnell wie möglich, der Lieferant möchte den Auftrag. Realisten werden da schnell zu Bedenkenträgern!
Projektbeginn ohne Reserven mindert Erfolgschancen
Bei diesem Vorgehen ist es nicht unwahrscheinlich, daß das Projekt schon von Beginn an auf „Rot“ steht – nur wissen es die Beteiligten noch nicht. Es gibt keine Reserven, denn diese sind sehr konsequent „herausgeschätzt“ worden. Oft wird noch ein Teil des Budgets für Änderungsanforderungen (CR – change requests) eingeplant, doch sucht man im Plan nicht selten vergeblich nach dem Zeitpuffer, der es ermöglicht, diese Mittel auch auf die Straße zu bringen.
Aus der Zuverlässigkeitsforschung ist bekannt, daß ein System umso zuverlässiger ist, je mehr Reserven es hat. Und umgekehrt gilt: Je weniger Reserven, desto unzuverlässiger! Selbstverständlich muß man für die Reserven einen Preis zahlen – doch für die sinkende Zuverlässigkeit wird man ebenfalls zur Kasse gebeten! Das Ganze muß austariert werden.·
Den Zeitdruck zu nehmen, das wird wohl schwer gelingen: Man kämpft dann gegen den vom „quick win“ geprägten Zeitgeist. Also der Zeitdruck bleibt! Wo kann man ansetzen? Wo geht den die Zeit weg im realen Projekt? Zum einen dauern die geplanten Aktivitäten oft länger. Halt zu optimistisch geschätzt – siehe oben. Zum anderen kommt es zu zum Teil erheblichen Verzögerungen eines Projektes, weil man während der Realisierung feststellt, daß man
- das Vorhaben nicht ausreichend beschrieben hat,
- Widersprüche bezüglich der Anforderungen bestehen oder
- das Ziel des Vorhabens so nicht erreicht werden kann.
Dies führt zu Änderungsanforderungen (CR), welche eine Vertragsänderung darstellen und in der Regel ein Mehr an Budget und Zeit fordern. Und hier kann man sehr wirkungsvoll ansetzen: Mit Hilfe des Ergebnisorientiertes Verarbeiten von Anforderungen (E.VA) ist es möglich, die Inhalte des Vorhabens wesentlich systematischer und präziser als bisher schon vor Beginn der Entwicklung zu formulieren und deren Qualität zu sichern.
Mit Systematik gegen den Zeitdruck angehen
Man würde zuerst einmal erwarten, daß es mehr Zeit kostet, die Anforderungen systematischer und präziser zu formulieren. Die praktischen Erfahrungen der letzten zwei Jahre deuten jedoch darauf hin, daß man mit E.VA schneller zum Ergebnis kommt als auf dem herkömmlichen Weg. Dies läßt sich erklären: E.VA weist einen Weg, wie man das „Entdecken“ der Anforderungen effizient bewerkstelligen kann und was man bis zum Start der Entwicklung tatsächlich benötigt. Hierfür rückt E.VA das Anforderungsdokument als Ergebnis in den Mittelpunkt und ordnet alle anderen Aktivitäten dem Ziel „Anforderungsdokument“ unter.
E.VA ist kein Hexenwerk, es kann erlernt werden: Nach einer Schulung mit zwei Kursen zu je drei Tagen und einer sich daran anschließenden Betreuung im ersten, konkreten Projekt· (Coaching on the job). Wenn Sie die Zeit dazu nicht haben, dann schauen Sie doch einmal nach, wieviel Zeit für die Umsetzung der letzten 10 Änderungsanforderungen (CR) im Durchschnitt zusätzlich benötigt wurde.