Der Business Case ist gerechnet, bestätigt – und jetzt möchten die Businessanalysten erst einmal am liebsten eine Geschäftsprozessanalyse des gesamten Unternehmens durchführen! Eine Geschäftsprozessanalyse ist sicher eine gute Grundlage für ein IT-Vorhaben. Doch meist liegt sie eben nicht vor – und die Kosten sind erheblich. Mut zur Lücke: Was geht, was geht nicht?
Geschäftsprozessanalyse light
Neue Vorhaben erfordern eine gute Vorbereitung. Spart man zu Beginn an der falschen Stelle, dann kann dies bedeuten, dass das Vorhaben zwangsläufig scheitern muss, nur die Beteiligten wissen es noch nicht. In der Regel steht zu Beginn die Frage im Raum, ob eine Geschäftsprozessanalyse vorgeschaltet wird, um das Vorhaben richtig zu verstehen.
Besonders externe Berater – aber nicht nur diese – raten zu einer umfänglichen Analyse. Das Problem: Kosten und Zeit! Ist der Business Case gerechnet, dann kann es nie schnell genug gehen – schließlich hat man die möglichen Einsparungen bereits vor Augen und möchte diese nun so früh wie möglich realisieren. Die Geschäftsprozessanalyse ist dort das Wasser im Wein. Warum muss man jetzt erst mal alles analysieren – geht es nicht ohne, oder wenigstens etwas kleiner? Ja – geht das nun, oder geht das nicht?
Akteure betreiben das Geschäft
Das Geschäft in einer Firma wird – abstrakt betrachtet – mit Hilfe von Akteuren abgewickelt, die verschiedene Rollen innehaben: Geschäftsführer, Verkäufer, Buchhalter… Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Typen von Akteuren – die natürlichen und die Systemakteure, dargestellt als Symbole Strichmännchen bzw. Würfel. Bei den natürlichen Akteuren handelt es sich – ähnlich wie im Film, nur ohne Schauspieler – um Mitarbeiter, mit welchen die Rollen besetzt werden. Systemakteure sind IT-Systeme, welche dem Menschen Arbeiten abnehmen. Das Geschäft einer Firma stellt nun das Zusammenwirken aller Akteure dar. Wie in einem Puzzle fügt sich alles zu einem großen Ganzen. Und das passiert täglich – manchmal auch ohne dass die Beteiligten wissen, warum sie das, was sie tun, eigentlich tun. Sie tun es einfach – und es funktioniert. Eine Geschäftsprozessanalyse eignet sich nun dazu aufzuklären, welcher Akteur warum was tut. Wozu muss ich das wissen? Ja, wozu eigentlich?
Mehrwert einer Geschäftsprozessanalyse
Wenn ich mein Geschäft optimieren möchte, also z.B. die Geschwindigkeit oder die Zuverlässigkeit, wie ich meine Kunden bediene, verbessern möchte, dann ist dies das erste Mittel der Wahl. Noch häufiger: Kosten senken! Da muss ich mein Geschäft verstehen, um herausfinden zu können, wo ich ansetzen muss. Ein Spezialfall besteht darin, dass ich Teile des aktuell von natürlichen Akteuren betriebenen Geschäfts auf ein IT-System übertragen möchte. Ohne Verständnis dessen, was da geschäftlich abgeht, wird es schwierig zu spezifizieren, was das IT-System denn nun tun soll. Das spricht für eine Geschäftsprozessanalyse – nur muss es denn so teuer sein?
Es kommt darauf an! Wenn mein Geschäft gut organisiert und zuverlässig läuft, welchen Mehrwert hat eine ganzheitliche Geschäftsprozessanalyse? Eher einen geringen, ich kann dann natürlich genau sagen, warum es so gut läuft, nur dürfte sich die Freude darüber angesichts des Aufwandes in Grenzen halten. Wenn IT-Systeme Teile des Geschäftes unterstützen sollen oder wenn mein Geschäft weniger gut läuft, so wäre eine ganzheitliche Geschäftsprozessanalyse sicher empfehlenswert. Aber selbst wenn das Geld dafür mobilisiert werden kann, fehlt oft die Zeit, das gemeinsam mit den Leistungsträgern durchzuziehen. Denn: Gerade wenn es nicht so optimal läuft, kommt es um so mehr darauf an, dass die Leistungsträger im Tagesgeschäft gekonnt die vorhandenen Probleme überspielen.
Die Lösung: Mut zur Lücke
Es steht nicht in Stein gemeißelt, dass man das gesamte Geschäft analysieren muss, bevor man auch nur die kleinste Änderung gesteuert vornehmen kann! Wenn es gelingt, die besonders interessierenden Gebiete vom Rest des Geschäftes abzugrenzen und eine Systemgrenze einzuziehen, dann kann man sich erst einmal auf diesen Teil konzentrieren! Nachdem sich gezeigt hat, dass sich dort die Geschäftsprozessanalyse gelohnt hat, kann man die Analyse geeignet ausweiten, also um andere Teile eine Systemgrenze ziehen oder die bisherige Systemgrenze ausweiten. Das Ziehen der Systemgrenze muss natürlich mit Verstand erfolgen! Der Mut zur Lücke wird mit dem Risiko zusätzlichen Analyseaufwandes im Falle einer schlecht gezogenen Systemgrenze bezahlt. Um dieses Risiko gering zu halten, sind gut ausgebildete, erfahrene Analysten oder ein Coach ein Muss.